Zadar, das Zentrum Kroatiens an der Küste Norddalmatiens, macht neugierig. Wer von Land, über die neue Autobahn kommend zum Meer hinunter fährt, der erkennt voraus eine wogende Hügellandschaft – ein Hügel schöner als der andere. Höcker an Höcker, als würde hier eine Karawane vorbei ziehen, wo eigentlich das Meer sein müsste.
Was uns voreilig an Kamele erinnert, ist in Wahrheit das ferne Antlitz der zahlreichen Inseln, die in vielen Staffeln vor der Festlandküste liegen und gerade bei Zadar und weiter südlich bis vor der Küstenstadt Sibenik ein einzigartiges Wassersportparadies erschaffen – mitten drin die naturgeschützten Kornaten-Inseln und der Naturpark Telascica.
Dieses Revier ist wie geschaffen für kleine Boote, denn so weit das Auge reicht ruhen die Inseln, überdimensionalen Wellenbrechern gleich, vor der langen Adriaküste Kroatiens und in ihrem Rücken finden Bootfahrer geschützte Wasserflächen. Das wissen vor allem die Eigner trailerbarer Boote und sie kommen im Sommer zu Tausenden.Tendenz steigend: Stellten die Hafenämter Kroatiens für Boote bis acht Meter Länge 2002 schon mehr als 35.000 Fahrgenehmigungen aus, so waren es drei Jahre später 37.200. Für entspannte Urlaubsfreuden braucht es an dieser Stelle der Adria keine große Yacht, auch ein kleines offenes Boot oder mit Schlupfkabine ist hier mehr als ausreichend.Gerade so groß, dass man es noch auf einem Anhänger hinter dem Auto, einem so genannten Trailer, über die Alpen an die Adria ziehen kann. Zu einem der vielen großen und kleinen Häfen, in denen man für wenig Geld das kleine Motorboot zu Wasser bringen kann. Mit einem Kran oder über die Sliprampe, was noch einfacher wäre.Und dann kann die Bootstour losgehen, hinaus in eine verwirrende Inselwelt, die noch soviel anders ist. Vielleicht um die Nordspitze Ugljans herum, hinein in die Durchfahrt bei der Insel Rivanj. Hier könnte ein erstes Mal zum Baden der Anker fallen. Zu schön Türkis leuchtet dort der sandige Meeresgrund auf gerade gut fünf Meter Wassertiefe. Und nach dem Bade noch einmal Gas geben und fünf Meilen weiter fahren zum Ankerplatz von Bribinj auf Dugi Otok, wo in landschaftlich schönster Umgebung und vor Baumbestandenen Ufern Mooringbojen mit integrierter Landleine ausgelegt sind – für Yachten und Boote gleichermaßen. Genau richtig für eine Nacht in der Natur.Wer hingegen nach dem Tag auf dem Wasser etwas mehr Leben sucht, als er hier finden wird, verholt besser nach Iz Veli in die kleine Marina und die wäre gerade einmal sieben nautische Meilen oder umgerechnet zirka 12 Kilometer entfernt. Mit einem schnellen Boot, das leicht die 20-Knoten-Marke nimmt, ein flotter Ritt in gerade 20 Minuten.
Die Entfernungen zwischen den schönsten Zielen vor Zadar sind wirklich überschaubar. So überschaubar, dass man auch jeden Tag vom Campingplatz oder vom Apartment am Festland zu den Inseln hinaus fahren und am Abend wieder zurückkehren könnte. Für den Fall, dass jemand aus der Familie am Wassersport erst schnuppern will.
Wenn Boot fahren schon ein Spaß für die ganze Familie ist, dann kommt die Crew auch über Tage mit den nur kleinen Annehmlichkeiten zurecht, die ein Trailerboot mit Schlupfkabine zu bieten hat. Das Notwendige ist ja immer vorhanden: Eine Koje für Zwei, ein Kocher, eine Spüle, eine Kühlbox und ein Klo. Was braucht man mehr?
So gerüstet kann ein Törn vor den Toren Zadars auch für mehrere Tage weiter in den Süden führen. Geradewegs durch die kahlen Inselrücken der Kornaten, deren karge Schönheit Dichter nicht müde wurden, zu rühmen. Ebenmäßige Felsen, von Felsmauern überzogen, die seit langen Jahren schon Grundstücksgrenzen markieren. Wem das denn doch zu wenig Komfort bietet, plant Zwischenstopps und nächtigt in Hotels oder auf Campingplätzen.Die Kornaten sind das Reich der Konobas, der kleinen Gaststätten, die hier im Sommer für Gäste öffnen. Und die ihnen Anlegestellen geschaffen haben, an Stegen oder an ausgelegten Festmachebojen. Hier macht der Skipper umsonst fest, jedoch wird erwartet, dass er mit der Crew zum Abendessen kommt und dabei nicht knausert. Sind die Kornaten durchquert, bahnt sich etwas Besonderes an: Eine Flussfahrt. Vielleicht die Flussfahrt schlechthin für Wassersportler an der kroatischen Adria, an deren Ende ein Bad im Süßwasser-Sprudelbecken der Krka-Wasserfälle wartet – ein einmaliges Erlebnis.
Übrigens: Hier an der Krka wurden einst einige Karl-May-Filme gedreht. Von der Krka könnte der feine Kroatientörn mit dem kleinen Boot zurückgehen. Vorbei an den Inselchen vor Sibenik und der Insel Murter, die allesamt mit kleinen Altstadthäfen oder modernen Marinas gesegnet sind. Im Abstand weniger Seemeilen gibt es immer neue Ankerbuchten, viele davon mit Festmachebojen als Ankerersatz. Zum Abschluss des Törns, zum Ende der Kroatien-Urlaubs, darf ein Abstecher natürlich nicht fehlen: der nach Zadar selbst. Ihre Altstadt ist wie ein großes Freilichtmuseum: im Norden das römische Forum mit seinen beeindruckenden Säulen-Resten, daneben die mittelalterliche Kirche Sv. Donat und ein hoch aufragender Glockenturm.
Im Süden beim Landtor liegt der Platz der fünf Brunnen, die früher einmal mit einer großen unterirdischen Zisterne verbunden waren und mit deren Hilfe Zadars Bewohner Belagerungen trotzten. Am anderen Ende der Stadt erklingt die neue Meeresorgel im Takt der Wellen. Ein Lockruf der See – und die Melodie für Trailerbootfahrer.
Martin Muth