1000 Eilande liegen in greifbarer Nähe vor der kroatischen Adriaküste – für jeden, der ein Motorboot hat. Der fahrbare Untersatz macht aus dem Strandurlauber einen Abenteurer, der unbekannte Weiten entdeckt. Dabei muss es keine Superyacht sein: Schon ein Schlauchboot mit einem kleinen Außenborder hilft dabei, den einsamen Traumstrand zu finden, von dem andere nur träumen können.
Als die Bucht erreicht ist, schaltet der Skipper den Motor ab. Langsam treibt das kleine Motorboot in die Idylle hinein. Das Plätschern der Heckwelle wird leiser, dann ist gar nichts mehr zu hören. Kein Mensch, kein Haus weit und breit. Ein leichter Wind sorgt für Abkühlung in der Sommerhitze. Das türkisblaue Wasser ist so klar, dass man noch in einigen Metern Tiefe einzelne Steine erkennen kann. Nach Minuten vollkommener Stille fangen die Zikaden an zu singen. Sie sind die einzigen Nachbarn – wir haben die Bucht völlig für uns allein.Nur eine halbe Stunde mit dem Boot waren wir unterwegs bis zu der menschenleeren Insel, an deren Ufer wir jetzt eine romantische Badestelle genießen. Und es ist bei weitem nicht die einzige: Mehr als 1000 solcher Eilande hat die kroatische Adriaküste. Die meisten sind unbewohnt und voller einsamer Buchten, die nur entdeckt werden wollen – während sich an den Stränden des Festlands die Urlauber drängen. Exklusivität, die an vielen Ecken der Erde teuer bezahlt werden muss, ist hier fast kostenlos zu haben: Lediglich den Bootsführerschein und einen fahrbaren Untersatz benötigt man. Das ist einfacher zu bewerkstelligen, als viele für möglich halten würden: Durch die vielen Inseln, die gestaffelt wie Wellenbrecher das Festland vom Meer abschirmen, sind die dazwischen liegenden Gewässer gut geschützt vor Wind und hohen Wellen – schon mit einem kleinen Boot mit leichtem Außenbordmotor ist es ein Kinderspiel, zum Beispiel Norddalmatien zwischen der Insel Rab und dem Kornaten-Archipel zu erkunden. Ein Wassersportrevier, perfekt für Anfänger: Seegang ist selten höher als 1,50 Meter, schon im Frühling erreicht die Wassertemperatur bis 18 Grad an der Oberfläche, und es ist nie weit bis zum nächsten Hafen.Diese maritime Inselwelt ist längst kein Geheimtipp mehr: Viele Deutsche fahren im Sommer mit dem eigenen Auto hierher – angehängt haben sie einen leichten Trailer und darauf ein Boot, das in wenigen Minuten zu Wasser gelassen werden kann.
Stellten die Hafenämter Kroatiens für Boote bis acht Meter Länge 2002 mehr als 35.000 Fahrgenehmigungen aus, so waren es drei Jahre später bereits 37.200. Und es sind bei weitem nicht nur große Segler oder dicke Yachten, die sich hier tummeln: Die kleinen, seichten Buchten, die ruhigen Kanäle zwischen den Inseln und Flussläufe wie die Krka, auf der das Fahren über Kilometer landeinwärts erlaubt ist, sind wie geschaffen für kleine, wendige Boote. Diese Trailerboote lassen sich auch in kleinen Häfen über eine Sliprampe mit eigener Kraft zu Wasser bringen. Das Gepäck wird vor Spritzwasser geschützt im Bugbereich gestaut. Jetzt noch satt Sonnenschutz auftragen – auf dem Wasser ist die Strahlung erheblich höher als an Land oder am Strand –, und der Törn kann losgehen.Es geht hinaus in eine vielfältige Inselwelt, in der noch vieles so ist wie vor fünfzig Jahren. Der Höhepunkt sind die Kornaten, ein naturgeschütztes Inselarchipel, das aus zahllosen winzigen Eilanden besteht. Hier sind wir unterwegs. Nach einer Stunde Plantschen und Sonnenbaden in der einsamen Bucht lichten wir wieder den Anker und tuckern auf Futtersuche von einer Insel zur nächsten.
Ein kahler Hügelrücken nach dem anderen zieht vorbei – eine einzigartige Landschaft, vorwiegend aus bräunlichem Karstgestein bestehend, über die sich seit Jahrhunderten Feldsteinmauern ziehen, die Grundstücksgrenzen markieren. Und dennoch gibt es Leben hier: Die Kornaten sind das Reich der Konobas, der kleinen Gaststätten, die hier im Sommer für Boot fahrende Gäste öffnen. Eigens für sie wurden Anlegestellen geschaffen, an Stegen oder an ausgelegten Festmacherbojen. Hier parkt der Skipper gratis – doch es wird erwartet, dass er mit der Crew zum Abendessen kommt und dabei nicht knausert. Wie sollte man auch: Bei frischen Scampi vom Grill, Zander in Knoblauchsoße und dem berühmten schwarzen Risotto genießen wir den Blick aufs Wasser. Die Entfernungen zwischen den schönsten Zielen, zum Beispiel vor Zadar, sind so überschaubar, dass man jeden Tag vom Campingplatz oder vom Apartment am Festland zu den Inseln hinaus fahren und am Abend wieder zurückkehren könnte. Auch Anfänger kommen voll auf ihre Kosten: Zahlreiche Bootsschulen bieten Führerscheinkurse an, ein motorisiertes Schlauchboot ist schon für ab 100 Euro pro Tag zu mieten.
Die Kornaten sind etwas weiter weg: Etwa drei Tage benötigt man von Zadar, aber dann ist genügend Zeit für Badepausen und Landausflüge. Während die Schatten länger werden, erheben wir uns vom Tisch der gastfreundlichen Konoba und legen wieder ab zu einem schnellen Ritt in Richtung Festland. Geankert wird in einer stillen Bucht, die Zikaden singen die Besatzung in den Schlaf. Am nächsten Tag sorgt ein Binnen-Törn auf der bereits erwähnten Krka für Abwechslung. Bis kurz vor die malerischen Krka-Wasserfälle geht es auf dem Fluss landeinwärts; ein Schauplatz der Winnetou-Filme. Nach der Flussfahrt drängt es die Besatzung wieder aufs offene Meer. Es gibt noch so viel zu sehen: Insel an Insel, Bucht an Bucht, Altstadt an Altstadt reihen sich nach Süden entlang der kroatischen Adriaküste. Allein der Urlaubskalender begrenzt den Entdeckungsdrang.Service: Für ein Trailerboot benötigt man in Deutschland wie auch Kroatien den Sportbootführerschein (SBF) See, sobald der Antrieb stärker ist als 5 PS (3,68 kW). Die Ausbildung für diesen amtlichen Schein wird unter anderem von Sportbootschulen angeboten. Der SBF See ist in knapp zwei Wochen gemacht, die erforderlichen praktischen und theoretischen Kenntnisse sind gering. Die Kosten inklusive Prüfungsgebühr liegen bei ca. 300 Euro. In Kroatien ist ein Patent günstiger zu erwerben, kann aber in Deutschland nicht umgeschrieben werden.Informationen über Trailerboote, Führerscheine, Preise und die nötigen Kenntnisse findet man auf der Plattform www.trailerboot.org vom Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V. (BVWW).